Female Food Freedom - alles zum befreiten Genuss. Im Gespräch mit Katharina Kühtreiber

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Female Food Freedom - alles zum befreiten Genuss. Im Gespräch mit Katharina Kühtreiber

Als Anti-Diät-Diätologin bezeichnet sich Katharina Kühtreiber, Gründerin von femalefoodfreedom. Ihr Ziel ist es, "Frauen den Druck zu nehmen, ständig an sich, ihrem Gewicht und ihrem Körper arbeiten zu müssen!" Sie möchte einen genussvollen Zugang und einen respektvollen, achtsamen Umgang mit dem Körper fördern. Einen Lebensstil, bei dem man sich nichts verbieten muss und sich rundum wohlfühlt. Wir haben uns mit ihr auf ein Gespräch zu einem ausgewogenen Lebensstil und neuen Zugänge zu unserem Ess-Verhalten getroffen.

Liebe Katharina, vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, dich mit uns auszutauschen! Zunächst einmal würde mich interessieren, was du meinst, wenn du davon sprichst, den "Kampf gegen den Körper" zu beenden und dafür einen intuiviten Weg zu wählen.

Also grundsätzlich ist die Beziehung zum Essen und zu unserem Körper, seit Jahrzehnten mehr oder weniger von der Gesellschaft beeinflusst und es wird gerade uns Frauen eingetrichtert, wie wir genau zu sein haben. Das heißt wie viel wir wiegen dürfen, wie wir auszuschauen haben, wie unsere Figur zu sein hat. Auch wenn sich das Schönheitsideal dabei verändert. Mal ist man eben zu dick, dann hat man wieder zu wenig Kurven. Was wir dabei nicht vergessen dürfen ist, dass dahinter eine ganze Industrie steckt. Die Schönheitsindustrie inklusive Kosmetik- und Pharmabranche. Uns wird natürlich immer eingeredet, wir müssten dieses Schönheitsideal erfüllen und wenn wir das nicht tun, sind wir nicht gut genug. Solange wir das Gefühl haben, diesem Ideal nicht zu entsprechen, wird eben weiter Geld mit uns gemacht. Das führt dazu, dass wir uns so sehr darauf konzentrieren, wie wir aussehen, was wir essen, was wir auf unseren Körper schmieren müssen, um ihn zu optimieren, dass wir gar nicht mehr Zeit finden, uns mit wirklich wichtigen Dingen zu beschäftigen. Wenn ich zum Beispiel im Sommer darauf gedrillt bin, ob mein Körper "bikinifit" ist, mir darüber Gedanken mache, ob ich so überhaupt schwimmen gehen kann, dann kann ich nie einen Badetag wirklich genießen.

Der Ausgangspunkt, um diesen Kampf gegen den Körper, das ständige Optimieren, zu beenden, ist Körperakzeptanz. Es beginnt damit, dass man sich nicht mehr fragt, was kann ich tun, um den Körper zu verändern, sondern sich die Frage stellt - was kann ich mir Gutes tun, wie kann ich mich wertschätzend und respektvoll um meinen Körper kümmern. Mit Körperakzeptanz meine ich nicht, dass man sich einreden soll, der Körper würde perfekt ausschauen, sondern, dass er so wie er gerade ist in Ordnung ist.

Man kann es also erst mal auf die Hauptaufgaben des Körpers herunterbrechen. Erst mit der Körperakzeptanz kann man auch damit anfangen, den Körper respektvoll zu behandeln. Das kann oft schon bedeuten, dass man ihm überhaupt mal genug Essen gibt. Denn durch viele Diäten ist es ja so, dass wir uns ein restriktives Essverhalten antrainiert haben. Wir streichen bestimmte Mahlzeiten oder Lebensmittel aus unserem Ess-Alltag und setzen damit den Körper zusätzlich unter Stress.

Wenn man sich jahrelang ein solches Essverhalten antrainiert hat, wie kann man es denn schaffen, dann wieder intuitiv zu essen?

Also einer der ersten Schritte wäre, dass man sich mal anschaut, was steckt vielleicht hinter den Diäten und was haben sie einem genommen. Wie oft hat man zum Beispiel eine Grillfeier abgesagt, weil es dort etwas zu essen gab, was man laut aktueller Diät nicht essen sollte. Wie oft hat man das Sommerkleid nicht getragen, weil man dachte, man hätt zu dicke Arme. Dann sollte man sich vielleicht auch mal anschauen, wie viel Erfolg die Diäten wirklich gebracht haben. Wo haben sie einen hingebracht? Dann den Fokus nicht mehr auf Verzicht legen. Das ist mal ein erster Schritt.

Das Gefühl daraufhin wieder zu bekommen, das Körpergefühl ("Was brauch ich, wie viel brauch ich davon, wann habe ich Hunger"), ist erst ein späterer Schritt. Denn wir haben ja durch Diäten genau dieses Vertrauen in unser Körpergefühl verloren. Da wir uns immer daran anhalten - ich darf nur drei Mal am Tag essen, keinen Zucker, keine Kohlenhydrate, usw. Das ist die Sicherheit, die uns eine Diät oder ein Ernährungsplan gibt. Nun wieder die Sicherheit und das Vertrauen in den eigenen Körper zu finden, ist erst einmal eine Herausforderung.

Du schreibst an deinem Blog auch vom "food freedom" und unserer Beziehung zum Essen. Kannst du dazu ein bisschen was erzählen?

Beim "Food Freedom" geht es darum, sich die Beziehung zum Essen mal genau anzuschauen, sich zu fragen, wie sehr einen das Essen oder die Lebensmittel an sich stressen. Hat man schon ein schlechtes Gewissen, wenn man an einem Eisgeschäft im Sommer vorbeigeht, hätte eigentlich gerne drei Kugeln Eis nehmen würde, nimmt aber doch nur eine, aus Angst zuzunehmen. Man sollte wieder das Bewusstsein dafür finden, dass man selbst die Entscheidung darüber treffen kann, was man isst. Dass nicht die Lebensmittel über einen entscheiden oder das schlechte Gewissen die Macht hat.

In diesem "Food Freedom" löse ich also meinen Wert als Mensch mal von den Lebensmitteln. Heißt - ich bin kein schlechterer Mensch, wenn ich ein Eis esse, aber auch kein besserer wenn ich den vermeintlich gesünderen, kalorienarmeren Apfel esse. Da wirklich mal hinzuspüren, zu schauen, was das mit einem macht, wenn man eine komplizierte Beziehung zum Essen hat. So ein Verhältnis zum Essen ist ja nicht nur anstrengend, sondern hat oft Auswirkungen aufs ganze Leben. Zum Beispiel in Beziehungen, wenn der Partner am Abend mit Chips auf der Couch sitzt und man selbst erlaubt es sich nicht und ist dann sauer, weil sich der Partner darüber gar keine Gedanken macht.

Also da wirklich zu schauen, wie wird mein soziales Leben möglicherweise beeinträchtigt, wie wirkt sich meine Beziehung zu Essen auf die Beziehung zu meinem Körper aus, wie wirkt sie sich vielleicht sogar auf die Gesundheit aus. Denn wenn man eine schlechte Beziehung zu bestimmtem Lebensmitteln oder beispielsweise Kohlenhydraten hat, kann es sein, dass man sich einseitig ernährt, dem Körper nicht genug gibt. Das kann zu Verdauungsbeschwerden, Hormonschwankungen, Zyklusschwankungen, etc. führen. Das darf man neben dem schlechten Gewissen auch nie vergessen.

Gerade im Wechsel kann es durch die Hormonumstellung und einen langsameren Stoffwechsel auch dazu kommenm, dass man zunimmt, ohne aber die Ernährung verändert zu haben. Mit Diäten will man dann vielleicht wieder zur "Ursprungsfigur" zurück, um sich wohlfühlen zu können. Was würdest du hier empfehlen?

Also ich glaube, es fängt schon damit an, dass wir ein bestimmtes Bild oder ein bestimmtes Gewicht im Kopf haben. Kleidergrößen sind da auch ein gutes Beispiel. Dass man sich auf eine Größe festkrallt, man müsse jetzt immer eine 38 oder 40 sein. Es ist aber grundsätzlich so, dass wir nun mal älter werden und unser Körper nicht dafür gemacht ist, dass wir mit 40 oder 50 das selbe Gewicht, die selbe Figur haben, wie mit 18. Das ist einfach so. Da kann man sich dann mal bewusst machen, woher eigentlich diese eine Zahl, die man im Kopf hat, kommt. Oftmals hat es mit dem Schönheitsideal zu tun, schlank zu sein. Da ist es übrigens interessant zu sehen, dass es im gängigen Kleidergeschäft nur die Größen 36-42 zu kaufen gibt. Das wird uns dann als Norm oder Durchschnitt gegeben. Tatsächlich ist es aber so, dass die Durchschnitts-Frau in Österreich Größe 42-44 trägt. Also wird uns dort schon ein völlig falsches Bild gemacht. Zusätzlich kommen die Assoziationen zu dicken Menschen dazu, mit denen wir groß werden. Da gibt es ganz krasse Assoziationen, vom Faulsein bis dahin, dass dicke Menschen stinken. Wie oft sagt man auch kleinen Kindern, sie sollen mal besser nicht die Schokolade essen, sonst werden sie zu dick. Das prägt sich ein und wir haben dann natürlich Angst davor, dicker zu werden, denn wir wollen ja dazugehören. Wenn dann später im Büro alle Größe 36-40 tragen und man selbst vielleicht eine 44, dann fühlt man sich meist unwohl, eben weil man nicht dazugehört, in den "Club der Schlanken". Unser Urinstinkt ist, immer zur Gruppe dazugehören zu wollen, daher kommt dann diese Angst davor, anders auszusehen. Uns wird schließlich überall eingetrichtert, wir seien mit mehr Gewicht nicht mehr so attraktiv.

Man sollte sich also erst mal von dieser Zahl lösen. Das ist auch etwas, was ich den Frauen in meinen Beratungen immer wieder sage. Oft kommen Frauen mit dem Wunsch Gewicht zu verlieren zu mir. Der darf natürlich da sein, aber ich würde damit anfangen, ihn nach hinten zu stellen und erst einmal danach zu schauen, wie man sonst noch merken könnte, dass sich etwas tut. Vielleicht verändert sich was am Wohlbefinden, wenn man ausgewogen isst, hat man mehr Energie, ist nicht mehr so müde, man hat nicht mehr diese Stimmungsschwankungen, kann selbstsicher ohne Heißhunger an einer Bäckerei vorbeigehen. Also das Wohlbefinden nicht mehr vom Gewicht abhängig zu machen, ist wichtig. Vielleicht hat man dann tatsächlich irgendwann ein paar Kilo mehr, merkt aber, dass man viel besser schläft, sich nicht mehr ständig stresst und aus Freude zum Sport geht, statt nur um Kalorien zu verbrennen. Kurz man hat eine höhere Lebensqualität.

Wie kann man denn einen solchen bewussten Ernährungsstil mit der Familie oder einem stressigen Berufsalltag kombinieren?

Das ist natürlich eine Frage, die ich häufig gestellt bekomme. Da ist es glaube ich wichtig, dass man den Druck rausnimmt, sich bewusst macht, dass nicht alles immer 100 Prozent perfekt laufen muss. Man kann sich zum Beispiel erst einmal eine Mahlzeit am Tag vornehmen, die man abändert. Hier kann man sich anschauen, wie diese Mahlzeit bisher aufgebaut ist und was man anders machen kann. Ich arbeite da gerne mit dem Tellerprinzip. Eine optimale Mahlzeit besteht aus drei Komponenten: Eiweiß, Kohlenhydraten und Gemüse. Wenn diese drei nicht alle dabei sind, kann man sich überlegen, was man noch dazu nehmen könnte, damit die Mahlzeit ausgewogen wird. Im nächsten Schritt lässt sich dann nach der Mengenverteilung schauen.

Dann kann man sich anschauen, wo man diese Mahlzeit isst. Ist das zum Beispiel das Mittagessen im Büro, kann man überlegen, was es dort in der Nähe gibt, vielleicht eine Kantine, Lokale, einen Supermarkt. Daraufhin würde ich schauen, wie ich das Beste aus dem Essen hier rausholen kann. Vielleicht bringt man sich zum Kantinenessen noch einen Salat mit, um die Mahlzeit zu optimieren. Wenn man in der Mittagspause zum Supermarkt um's Eck geht, kann man schauen, was es an Alternativen zur Wurstsemmel gibt, die vielleicht schnell und bequem ist, aber eben nicht das optimale Mittagessen. Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, mit dem Essen am Abend zuvor etwas vorzukochen. Wenn etwas Reis übrig ist, kann man sich ein wenig Gemüse aufschneiden, eine Dose Bohnen dazu machen und schon hat man einen Salat.

Mein Tipp ist, hier nicht zu kompliziert zu denken und sich nicht zu stressen. Stattdessen kann man sich überlegen, wie oft in der Woche es eben möglich ist, eine Mahlzeit so zu planen. Wenn es zwei Tage sind, reicht das auch erst mal. Wenn die gut funktionieren und man schon merkt, dass es einem besser damit geht, ist es vielleicht gar kein Aufwand mehr, es dann drei bis viermal die Woche so zu machen.

Im Wechsel kommt zusätzlich zu möglichen Gewichts- und Stimmungsschwankungen, die durch gute Ernährung ausgeglichen werden können, ja auch häufig noch das Schwitzen und Probleme mit dem Schlaf dazu. Kann man auch das mit der Ernährung beeinflussen?

Also im Sommer schwitzen ja alle, auch jüngere Frauen und Männer. Ich finde es ist erst einmal wichtig, die negativen Assoziationen mit dem Schwitzen zu rehabilitieren. Das ist eine natürliche Reaktion von unserem Körper, bei Hitze oder Anstrengung. Ganz ehrlich - bei hohen Temperaturen sitzen wir da alle in einem Boot. Ich verstehe natürlich, dass es manch einem unangenehm ist, wenn man ins Büro kommt und schon die Schweißflecken da sind. Nur haben wir das eben alle, also muss es einem eigentlich nicht unangenehm sein.

Natürlich sind die Hitzewallungen und Schweißausbrüche für Frauen in den Wechseljahren zusätzlich unangenehm. Vor allem, weil die Wechseljahre an sich ein Tabu sind und wir nicht offen damit umgehen. Ich glaube ein guter Schritt ist Offenheit: Den Austausch mit Gleichgesinnten zu suchen und zu pflegen und auch die Familie ins Boot zu holen. Allgemein, nicht nur bei Hitzewallungen.

Von der Ernährung her kann man auf jeden Fall gerade im Sommer darauf achten, nicht zu kalte Getränke zu trinken, da die vielleicht zunächst kühlend erscheinen, aber das Gegenteil im Körper bewirken. Also vor allem nicht überall Eiswürfel reingeben. Worauf man beim Trinken sonst achten kann, ist, wie sich bestimmte Getränke auf die Hitzewallungen und auch die Schlafqualität auswirken, also speziell Kaffee, Schwarztee oder Alkohol. Wir wissen zum Beispiel, dass Alkohol zwar öfter beim Einschlafen hilft, aber dann in der zweiten Schlafhälfte, wiederum die Schlafqualität beeinträchtigt. Wenn jetzt sowieso schon die Schlafqualität durch Schweißausbrüche beeinträchtigt ist, ist regelmäßig Alkohol zu trinken eher nicht förderlich. Auch das, was man vor dem Schlafengehen isst, kann die Qualität des Schlafes beeinflussen. Scharfes Essen befördert die Hitzewallungen, besonders fettige, üppige oder sehr viele, vielleicht schlecht gekaute Lebensmittel halten den Verdauungstrakt in der Nacht noch in Gang.

Wichtig ist es außerdem darauf zu achten, die verlorene Flüssigkeit wieder aufzufüllen und ausreichend Wasser zu trinken.

Hättest du ein Rezept, vielleicht speziell für den Sommer, das du uns empfehlen könntest?

Also ich bin im Sommer großer Salat-Fan. Da gibt es ja gerade auch sehr viel gutes regionales Gemüse, was man dazugeben kann. Auch hier mein Tipp - es sich leicht machen. Vielleicht mit der Basis Nudeln oder Dinkel-Reis beginnen oder ein Vollkornbrot dazu, dann verschiedene Gemüse, wie Paradeiser, Gurken, Paprika, Kohlrabi, was das Herz begehrt. Für die Wechseljahre empfehlen kann ich außerdem Sojabohnen, da diese auch voller Phytoöstrogene stecken, die ausgleichend wirken können. Dazu geht natürlich immer etwas Feta, wenn man möchte. Was ich außerdem besonders liebe sind ein paar Stücke Wassermelone oder wenn man es heimisch haben möchte, ein paar Marillenstücke. Das ganze verfeinern mit Nüssen, Leinsamen, Kräutern. Dazu Leinöl, Balsamico-Essig, ein paar Gewürze und schon hat man ein schöne ausgewogene Mahlzeit. Auch ein Vorteil ist, dass man den Salat natürlich überall leicht mit hinnehmen kann und er, je nach Zutaten, nicht ständig gekühlt werden muss.