Atemtherapeutin Dr. Angela Tichy über Selbstliebe im Wechsel – Teil 2

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Atemtherapeutin Dr. Angela Tichy über Selbstliebe im Wechsel – Teil 2

Atemtherapeutin Dr. Angela Tichy über Selbstliebe im Wechsel

 

Liebe Angela, warum sind wir mit uns oft so kritisch und hart?

Wir haben von unseren Eltern und in der Schule gelernt, dass wir so mit uns sein müssen, wenn wir im Leben vorwärtskommen und wenn wir „besser“ werden wollen. So kritisch und hart mit uns umgegangen wurde, so kritisch gehen wir mit uns selbst um. Das ist das Eine.

Das Andere ist, dass die Gesellschaft hohe Erwartungen an uns stellt. Besonders an Frauen werden wahnsinnig hohe Erwartungen gestellt. Sie sollen Beruf, Partnerschaft und Mutterschaft spielend unter einen Hut zu bringen, eine tolle Köchin und Gastgeberin sein und dabei noch schön, schlank und sexy, oder einfühlsam und hilfsbereit und ... und ... und ... Das sehen Frauen in der Werbung, das wird ihnen in Magazinen, Social Media und von allen Seiten ans Herz gelegt.

Frauen sind dazu erzogen – das ist die ihnen seit Jahrhunderten zugedachte Aufgabe – die Erwartungen anderer zu erfüllen. Wenn sie das nicht schaffen, dann fühlen sie sich nicht gut genug. Wenn sie nicht gut genug sind, so schließen sie, sind sie nicht liebenswert. Wir alle wollen geliebt werden. Deshalb gehen Frauen so streng mit sich selbst ins Gericht.

Wie kann man lernen, sich selbst anzunehmen, so wie man ist?

Ganz am Anfang steht dabei, dass man das wirklich will. Es ist nötig, die Absicht zu fassen und zu sich selbst zu sagen: Ich will lernen, mich so zu akzeptieren, wie ich bin. Dann gilt es den passenden Weg zu finden. Der ist nicht für alle gleich. Dabei kommt es darauf an, wie sehr eine Frau sich bereits akzeptiert, so wie sie ist. Da gibt es ja große Unterschiede.

Wenn sie nur ab und zu mit sich hadert, dann ist z.B. eine regelmäßige Liebende-Güte-Meditation oder eine Selbstmitgefühls-Meditation sehr hilfreich. Die kann man auf YouTube oder auf Meditations-Apps finden.

Wenn sie allerdings oft unzufrieden bzw. mehr oder weniger unglücklich mit sich selbst ist, dann kann ich natürlich atemtherapeutische Einzelsitzungen sehr empfehlen. Nicht nur, weil das mein Beruf ist, sondern weil sie mir persönlich auch sehr geholfen haben. Das ist im Übrigen der Grund dafür, warum ich überhaupt Atemtherapeutin geworden bin. Über den Atem verbindet man sich mit sich selbst, man lernt sich selbst immer besser wahrnehmen und kennen und mit der Zeit bekommt man eine immer liebevollere Beziehung zu sich selbst.

Sowohl in dem von mir entwickelten Selbstliebe-Training sowie in meinem speziellen Workshop für mehr Selbstannahme wird die Selbstakzeptanz systematisch geübt.

Eine Selbstakzeptanz-Übung ist z.B.: Immer wenn man sich dabei ertappt, dass man an sich herumkritisiert, legt man die Hand aufs Herz und sagt zu sich „Auch, wenn ich ... (z.B. einen Fehler gemacht habe; mich blöd finde; etc.) ... liebe und akzeptiere ich mich voll und ganz.“ Eine andere hilfreiche Übung: Jeden Morgen vor dem Spiegel sich anlächeln und sagen „Du bist vollkommen in Ordnung, so wie du bist.“

Wie kam dir die Idee zum Selbstliebetraining und warum baut es auf sieben Schritte auf?

Ich habe Selbstliebe auf die harte Tour gelernt. Es ging mir sehr schlecht, weil eine große Liebe von mir in die Brüche gegangen ist. Das hat mich völlig auf mich selbst zurückgeworfen und sehr viele alte Ängste und Schmerzen heraufbeschworen. Da sich so sehr der Boden unter meinen Füßen aufgetan hat, wurde mir klar, dass da irgendwas nicht stimmt mit meiner Beziehung zu mir selbst. Ich habe in dieser Zeit alles getan, was mir einfiel, damit es mir besser ging. Mein ernsthaftes Bestreben war, herauszufinden, wie das geht, mich selbst glücklich zu machen. Ich habe dadurch einen wertvollen Erfahrungsschatz gewonnen, den ich anderen Menschen zur Verfügung stellen wollte. Immerhin ist es mein Beruf Menschen in ihrer Entwicklung zu unterstützen. Ich habe mich gefragt, was bei mir gewirkt hat und wie ich das anderen vermitteln kann.

Auf die 7 Schritte bin ich gekommen, indem ich mir überlegt habe, was eine gute Beziehung ausmacht, was wir von einem Partner/einer Partnerin brauchen, um uns geliebt zu fühlen, nämlich:

1.     Wir müssen uns wahrgenommen (gesehen) fühlen.

2.     Wir müssen uns so angenommen fühlen, wie wir sind.

3.     Wir wünschen uns, dass der/die andere freundlich und fürsorglich mit uns ist.

4.     Wir wollen, dass der/die andere auf uns schaut (Achtsamkeit)

5.     Wenn es uns schlecht geht, wünschen wir uns vom anderen/von der anderen Mitgefühl.

6.     Wir wollen wertgeschätzt werden für unsere Qualitäten und Fähigkeiten.

7.     Wir wollen der wichtigste Mensch im Leben des/der anderen sein.

 

 

Selbstliebe in den Wechseljahren
Selbstliebe in den Wechseljahren

 

Wie kann Frau „üben“, sich selbst besser wahrzunehmen bzw. spüren? Hast du konkrete Tipps?

Nimm dir täglich ein paar Minuten Zeit für dich. Mach die Augen zu und geh mit deiner Aufmerksamkeit nach innen. Schau, wie es deinem Körper geht. Nimm wahr, wie du psychisch drauf bist – und dann frage dich, was du heute für dich tun kannst, um dich glücklich zu machen oder zumindest glücklicher.

Wie hast du selbst gelernt, zu dir freundlicher zu sein?

Die Liebende-Güte-Meditation:

Hinsetzen und allmählich den Körper entspannen. Dann eine Hand aufs Herz legen und zu mir selbst sagen:

  • Möge ich sicher sein.
  • Möge ich freundlich zu mir sein.
  • Möge ich mich selbst so akzeptieren, wie ich bin.
  • Möge ich in Frieden sein.
  • Einige Male wiederholen.

Wie spendest du dir Trost in schwierigen Momenten?

Ich nehme mich in den Arm und rede mir gut zu.

Wie kann ich lernen, meinen guten Seiten mehr in den Fokus zu stellen?

Indem du sie in den Fokus stellst. Immer wenn du merkst, dass du an dir rumkritisierst, ruf dir deine guten Seiten ins Bewusstsein.

Wenn ich noch ganz am Anfang bin mit der Selbstliebe, was ist ein Babyschritt – um ein Gefühl dafür zu bekommen?

Dich selbst jeden Morgen freundlich im Spiegel begrüßen – ganz egal, wie du aussiehst und ganz egal, wie es dir geht – und dir selbst sagen: „Du bist vollkommen ok, so wie du bist. Ich liebe und akzeptiere dich voll und ganz“.

 

 

Selbstakzeptanz im Wechsel
Selbstakzeptanz im Wechsel

 

Wie hast du gelernt, die Wechseljahre besser anzunehmen und hier mitfühlend und in der Selbstliebe mit dir zu sein?

Die Selbstmitgefühlsmeditiation (in abgewandelter Form) von Kristin Neff hat sehr geholfen:

Bequeme Haltung – Hand auf’s Herz – leise zu sich selbst sprechen:

1. Ich bin in einer Situation des Leidens (Altern tut weh, Hitzewallungen sind ungut, Schlafstörungen fürchterlich, etc.)

2. Leiden gehört zum Leben. Alle Menschen altern. Alle Frauen kommen in den Wechsel. Jetzt in diesem Moment gibt es Millionen von Frauen, die genau aus demselben Grund leiden, wie ich, d.h. Ich bin nicht allein. Das ist kein Einzelschicksal. Es ist normal deswegen zu leiden.

3. Möge ich Mitgefühl mit mir haben. Möge ich liebevoll ... freundlich ... verständnisvoll ...(was am besten passt) mit mir sein.

Können unsere Leserinnen in nächster Zukunft mehr Selbstakzeptanz bzw. Selbstliebe bei Veranstaltungen von dir lernen?

Das Selbstliebe-Training findet dieses Jahr nicht statt. Stattdessen gibt es eine Lightversion, wo die Kurstage – im Gegensatz zum Selbstliebe-Training - auch einzeln besucht werden können:

  • 30.3. Atemtag für mehr Selbstakzeptanz
  • 25.5. Atemtag für mehr Selbstmitgefühl
  • 21.9. Atemtag für mehr Selbstwertschätzung

 
Hast du Buchtipps für uns?

  • Kristin Neff, Selbstmitgefühl
  • Christiane Northrup, Weisheit der Wechseljahre
  • Susanne Hühn, Die Heilung des inneren Kindes

 

Vielen Dank für das Interivew!

 

Dr. Angela Tichy, Atemtherapeutin
http://www.rebirthing.co.at/
T: 01/897 25 72
Mobil: 06991 140 7 240
Praxis: Köllnerhofgasse 6, 1010 Wien

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