Wechseljahre als große Chance

Wechseljahre als große Chance

Die Wechseljahre sind für jede Frau ein neuer, einschneidender Lebensabschnitt. Viele setzen den Wechsel mit „Älter werden“ gleich. Wie gehen Sie als Expertin mit dem Thema um?

Dr.med. Sylvia Mohr-Gutharc: „Es wird viel von einem Angstpotenzial hineininterpretiert, das aber keines sein soll. Jede Frau erlebt diesen Abschnitt anders. Jede Frau hat andere Vorstellungen, die auch davon abhängig sind, wie man von außen beeinflusst wird. Es verändert sich nicht alles. Der Wechsel bedeutet nicht „Jetzt werde ich alt“, das ist überhaupt nicht der Fall. Es gibt heute genug Studien dazu, dass man über die Wechseljahre mit den hormonellen Schwankungen zurechtkommt, wenn man sich auf diese einlässt. Wichtig ist, dass man sich zu Beginn darauf einlässt, wie der Körper reagiert. Die Wechseljahre beginnen um das 50. Lebensjahr und können ungefähr 10 Jahre dauern.“

Mit welchen Beschwerden haben Ihre Patientinnen zu kämpfen?

„Es gibt die unterschiedlichsten Symptome. Was man immer hört sind die Hitzewallungen: Wenn einem plötzlich total heiß wird und der Schweiß auf der Stirn steht und man das Gefühl hat, dass es für jeden offensichtlich ist, dass man in den Wechseljahren ist. Das kann sehr unangenehm sein.“

Was lässt sich dagegen tun?

„Man kann bereits am Anfang sehr viel tun – und zwar auf natürlicher Basis. Das fängt beim Salbeitee an und geht bis zu wirklich guten, alternativen Präparaten. Das ist zuerst auszuprobieren, bevor man in die echte Hormonersatztherapie, also das Zuführen von externen Hormonen, geht.“

Welche anderen Symptome treten häufig auf?

„Nachtschweiß, Schlafstörungen, Blutdruckschwankungen, Herzpalpitationen. All das sollte einzeln befragt werden: Wie intensiv ist jedes Problem? Jede Frau sieht das in einer anderen Wertigkeit.“

Die Partner klagen oft über Gefühlsschwankungen der Frau – was lässt sich da tun?

„Die psychische Vorbereitung ist ganz, ganz schwierig. Der psychische Stress kommt aufgrund der genannten Symptome. Es ist ganz wichtig, dass man das auch in einer Partnerschaft bespricht. Dass man zum Beispiel oft einen launischen Faktor hat. Es gibt sehr viele Möglichkeiten, indem man Yoga, autogenes Training oder Qi-Gong macht. Das ist zwar zeitintensiv, bringt aber einen unglaublichen Nutzen. Der psychische Faktor wird auch durch regelmäßigen Sport sehr gut beeinflusst. Das heißt jetzt nicht, dass man mit 50 Marathon laufen muss. Es reicht oft Nordic Walking, spazieren gehen, die Stiegen dem Aufzug vorziehen – das kann schon das Wohlbefinden ausmachen.“

Kommunikation ist wichtig, heißt es. Aber wie leicht bzw. schwer fällt es der Betroffenen, über ihre Beschwerden im Detail zu sprechen?

„Die Wechseljahre sind nach wie vor ein Tabuthema. Es ist dermaßen wichtig, dass man darüber spricht. Sowohl mit einer Vertrauensperson, das wird die Gynäkologin oder der Gynäkologe sein, aber auch in der Partnerschaft. Das ist nicht zu unterschätzen. Und es auch im engsten Vertrautenkreis zu besprechen. Man muss keine Scheu davor haben, zu sagen: Jetzt geht’s mir schlecht. Das motiviert andere darüber zu sprechen und man weiß, dass man nicht alleine ist auf der großen, weiten Welt.“

Wie kann man den Partner sensibilisieren?

“Es gibt sehr viele Männer, die überhaupt nicht wissen und verstehen, was mit einer Frau in den Wechseljahren passiert. Es ist ein Umbruch im Leben einer Frau, die Hormone führen dazu, dass gewisse Dinge im Leben anders bewertet werden. Wenn man den Partner einbezieht, hat man schon fast gewonnen.

Die nachlassende Libido ist ein Thema, das beide berührt – wie sollte man da vorgehen?

„In der Ordination einer Gynäkologin oder eines Gynäkologen ist es ganz wichtig, auch das Thema Sexualität anzusprechen. Das darf ebenfalls kein Tabuthema sein. Man kann sehr viel tun. Speziell die Hautveränderungen – und da jene der Schleimhaut – sind nicht zu unterschätzen. Es macht für beide Teile der Partnerschaft keinen Spaß, wenn einer Schmerzen hat. Deshalb: Reden, reden, reden!

Je natürlicher Frau mit dem Thema umgeht, umso besser?

„Ganz genau! Die Wechseljahre sollen keine Angst auslösen, sondern einfach wahrgenommen werden. Es ist auch eine schöne Zeit, von der Frauen immer wieder berichten, dass sie jetzt unbeschwerter leben können. Die Familie ist weitestgehend stabilisiert, die Kinder sind aus dem Haus und die Partnerschaft kann man wieder neu beleben. Das ist eine ganz neue Wertigkeit in diesem Bereich.“

Zu welchen natürlichen Präparaten raten Sie Ihren Patientinnen?

„Es gibt viele Möglichkeiten pflanzlicher Natur, die wir einbringen können. Wir haben in diesem Bereich mittlerweile sehr gute Erfahrungen gemacht. Wichtig ist aber, dass die Patientin im Gespräch darauf aufmerksam gemacht wird, dass es sich hier um eine kontinuierliche Therapie handelt. Es ist nicht wie bei einer Kopfschmerztablette, dass man es nimmt und es sofort wirkt. Man muss es laufend und täglich nehmen. Erst wenn die Lebensqualität einer Frau nicht gegeben ist, muss man den Schritt gehen und über die Hormonersatztherapie aufklären.

Wann raten Sie Ihren Patientinnen zu einer Hormonersatztherapie?

„Nur dann, wenn alle anderen natürlichen Methoden versagt haben. Ich halte es nicht für sinnvoll, dass man bei den kleinsten Beschwerden gleich damit beginnt. Wir wissen aus verschiedenen Studien, dass die Hormonersatztherapie genauen Indikationen unterliegen soll. Man soll sie nicht wie Zuckerl verschreiben, sondern es muss richtig abgewogen werden, wann es zielführend ist, sie einzusetzen. Sprich: Wenn die Beschwerden so stark sind und keine anderweitige Hilfe möglich ist, dass die Hormonersatztherapie, also die Östrogene, die im Klimakterium abfallen, substituiert werden.“

Welche Gefahren birgt die Hormonersatztherapie?

„In den letzten Jahren ist die Hormonersatztherapie immer wieder ins Kreuzfeuer gekommen wegen der Nebenwirkungen – d.h. vor allem wegen des Risikos an Brustkrebs zu erkranken. Da haben viele Frauen gesagt: Das kommt für mich überhaupt nicht mehr infrage. Mittlerweile weiß man das, man kann die Therapie sehr gut einsetzen und dosieren. Man kann mit niedrigen Dosen beginnen und entsprechend anpassen, um der Betroffenen wieder eine entsprechende Lebensqualität bieten zu können.“

Wie muss die Patientin sich das in der Praxis vorstellen?

„Die Hormone bewirken im Körper der Frau, dass man den Zustand wiederherstellt, den man aus den vielen Jahren davor kennt. Viele positive Eigenschaften gehen damit einher, Hautalterung wird hintangehalten, die Libido fällt nicht ab, auch die Energie ist darauf zurückzuführen.“

Welche Tipps können Sie Frauen geben, die noch keine Beschwerden verspüren?

„Wechseljahre bedeuten eine Veränderung der Frau in Bezug auf ihren körperlichen und seelischen Zustand. Das heißt: Es betrifft den gesamten Körper der Frau. Wir können in der Prävention sehr viel tun, also noch bevor die Wechseljahre beginnen. Dazu gehört die Ernährung und die Bewegung, aber auch die positive Einstellung, dass die Wechseljahre kein Albtraum sein müssen. Wir wissen, dass Nikotin, Alkohol und erhöhter Kaffeekonsum die Beschwerden verstärken können. Ich würde bei Schwitzen und Hitzewallungen die Einnahme von Salbeitee oder Salbeikapseln empfehlen. Für die Stimmungsschwankungen kann Frau Präparate mit Rotklee oder gemischt mit Johanniskraut nehmen, für die verringerte Libido werden Vaginalzäpfchen angeboten, die nur mit Vitaminen angereichert sind.“